Entscheidender Fortschritt: Hemmung nuklearer Translokation von HMGB1 als ein Mechanismus für die antirheumatische Wirkung von GoldnatriumthiomalatGoldsalze wie Natriumaurothiomalat (Goldnatriumthiomalat, gold sodium thiomalate, GST) können die Symptome rheumatoider Arthritis (RA) verringern, wie in großen klinischen Studien gezeigt worden ist. In In-vitro-Modellen zeigte sich, dass GST verschiedene antientzündliche und immunsuppressive Wirkungen auf Makrophagen und Monozyten hat. Da der proinflammatorische Mediator HMGB1 (high mobility group box chromosomal protein 1) eine Schlüsselrolle bei der Pathogenese der RA spielen kann, untersuchten die Autoren, ob als Grundlage des Wirkmechanismus GST die HMGB1-Abgabe hemmt. Makrophagenzellen aus Mäusen (RAW 264.7) und humane Makrophagenzellen (TCP-1) wurden in Kulturen mit Substanzen stimuliert (aktiviert), die extrazelluläre HMGB1-Abgabe verursachen (LPS, IFN-, poly(I:C) (polyinosinic:polycytidylic acid), IFN-, NO). Sowohl Sekretion nach außen als auch intrazelluläre Lokalisation der HMGB1 wurden untersucht (in der Zelle reguliert HMGB1 die DNS-Transkription, und es kann aus dem Zellkern in das Cytoplasma austreten, um in Endolysosomen zwecks Sekretion einzutreten). Es zeigte sich (mittels ELISPOT-Prüfung), dass GST (10–250 M) eine dosisabhängige Hemmung der extrazellulären HMGB1-Verlagerung aus unstimulierten wie aus stimulierten RAW-264.7-Zellen und aus stimulierten TCP-1-Zellen verursachte. Erstere wurde durch Western Blot bestätigt. Eine visuelle Inspektion zeigte keine Apoptose. GST beeinflusste nicht die spontane oder die durch LPS + IFN- induzierte TNF--Sekretion aus RAW-264.7-Zellen. Die Zell-Lebensfähigkeit lag bei 95 %. Unstimulierte RAW-264.7-Zellen zeigten (bei immunhistochemischer Färbung) mit GST stärkere nukleare HMGB1-Signale als ohne GST. Mit LPS + IFN- aktivierte Zellen zeigten ohne GST niedrige oder keine nuklearen HMGB1-Signale und starke HMGB1-Akkumulation im Cytoplasma, mit GST umgekehrt ein intensives nukleares und ein schwaches zytoplasmatisches HMGB1-Signal. Ohne und mit GST war die intrazelluläre TNF--Produktion bei unstimulierten RAW-246.7-Zellen gering, bei Stimulation mit LPS und IFN- in den meisten Zellen dagegen stark. Erkennbar waren diese Zellen durch die TNF-Akkumulation im Golgi-Apparat – anders als bei HMGB1, das nicht das System endoplasmatisches Retikulum/Golgi-Apparat durchquert. GST kann die Antwort der RAW-264.7-Zellen auf die Mediatoren NO und IFN-, die die Freisetzung von HMGB1 induzieren, blockieren. Danach beeinflusst GST die HMGB1-Abgabe bei mehr als einem Schritt. Mit LPS oder poly(I:C) aktivierte RAW-264.7-Zellen zeigten eine HMGB1-Freisetzung. Mit GST wurde diese erheblich herabgesetzt, mit Natriumthiomalat (ohne Gold) dagegen nicht. Das weist auf die Rolle der Goldkomponente in GST bei der Blockierung der HMGB1-Freisetzung hin. Auch mit AuCl3 als Beispiel eines anderen Goldsalzes statt GST wurde die Freisetzung von HMGB1 von (mit poly(I:C) oder LPS aktivierten) RAW-264.7-Zellen gehemmt, was die Rolle der Goldkomponente beim Hemmen der HMGB1-Freisetzung aus aktivierten Makrophagen bestätigt. Die Studie gibt neue Einblicke in den Wirkmechanismus von Goldsalzen und zeigt, „dass eine DMARD [disease-modifying anti-rheumatic drug] die Freisetzung des proinflammatorischen Mediators HMGB1 aus aktivierten Makrophagen verringern kann“. Dass GST die TNF--Produktion nicht blockierte, spricht „gegen eine GST-vermittelte Zelltoxizität oder -tod als Grundlage für verringerte HMGB1-Absonderung“. GST wirkt auf den intrazellulären Verkehr von HMGB1 und beeinflusst das Zurückhalten dieses proinflammatorischen Mediators im Zellkern. Der extrazelluläre Transport von HMGB1 geschieht auf einem unkonventionellen Weg. In der Zelle kann HMGB1 zwischen Zellkern und Cytoplasma pendeln. Durch Aktivierung wird es in das Cytosol verlagert. MRP1 (multidrug resistance-related protein 1) verlagert es dann in sekretorische Lysosomen zur extrazellulären Exozytose. LPS und andere TLR-Liganden sowie endogene Mediatoren wie Zytokine und NO können alle die HMGB1-Verlagerung und -Freisetzung veranlassen. GST kann die Abgabe der Schlüsselmediatoren NO und IFN- hemmen, ebenso kann AuCl3 die NO-Abgabe herunterregeln. Frühere Studien haben gezeigt, dass die Goldverbindung Auranofin die NO-Synthese in aktivierten Ratten-Makrophagen herunterregeln kann. Insgesamt weist dies darauf hin, dass dieser Effekt eine allgemeine Charakteristik therapeutischer Goldverbindungen sein kann. Weder NO noch IFN- war also in der Lage, die HMGB1-Freisetzung von RAW-264.7-Zellen herbeizuführen, die mit GST behandelt waren. GST kann demnach nicht nur die Produktion der entscheidenden Mediatoren NO und IFN- blockieren, sondern auch einer biologischen Antwort auf diese entgegenwirken. GST kann so die HMGB1-Freisetzung bei mehr als einem Schritt unterbinden. Außerdem zeigte sich, dass die hemmenden Wirkungen des GST der Goldkomponente dieser Verbindung zuzuordnen sind und nicht dem Thiomalat-Teil. Die Studie zeigt, dass GST die zytoplasmatische und extrazelluläre HMGB1-Verlagerung in Kulturen von myeloischen Zellen bei pharmakologisch relevanten Konzentrationen hemmt. Der Mechanismus könnte die wichtige anti-rheumatische Wirkung einer Goldtherapie bei RA erklären, da reduzierte Niveaus von HMGB1 synoviale Entzündung und Gewebszerstörung bessern sollten. Obgleich Gold systemische, anti-entzündliche Wirkungen ausübt, kann es lokal agieren. Da Gold eine Reihe intrazellulärer Signalisierungssysteme beeinflusst (z. B. PKC und Hämoxygenase), laufen Studien, um das entscheidende System zu ermitteln, das für die Auswirkungen auf die HMGB1-Freisetzung verantwortlich ist.
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